aus Wolfgang Ullrich: Der neue Adel 2013
Margret Eicher entdeckt die höfische Tapisserie neu. Ihre Teppiche sind opulente und gewitzte Bildspektakel, die bereits auf eine gewandelte Rezeptionshaltung reagieren: Aus vielen Elementen zusammengestellt, zitieren sie Bekanntes und weniger Bekanntes; sie erheben keinen Anspruch, originär zu sein. Man kann vor ihnen mit Wissen brillieren, kann sich als souverän gebildet erweisen, wenn man die Anspielungen versteht; der Humor, mit dem die Teppiche komponiert sind, sorgt für eine gelöst-heitere Stimmung.
Inhaltlich greift Eicher das auf, was in einer auch sonst vielfach sich rearistokratisierenden Gesellschaft am meisten interessiert. Sie gibt dem neuen Adel – den Celebrities und Stars – eine Bühne. Vom Sportler bis zum Philosophen, vom Politiker bis zum Topmodel tauchen vor allem die Personen auf, die besondere mediale Resonanz und damit Prominenz genießen. Mochte sich einst ein Herrscher auf einer Tapisserie vorteilhaft in Szene setzen lassen, so zeigt Margret Eicher die heute Mächtigen und Reichen – die Gewinner innerhalb der Ökonomie der Aufmerksamkeit – jedoch im Modus der Überhöhung und ironischen Brechung. Monumentalität und Persiflage gehen Hand in Hand, sind doch die Dargestellten, anders als in höfischen Zeiten, nicht zugleich die Auftraggeber. Genau genommen schafft Eicher also Auftragskunst ohne Auftraggeber. Die zusätzliche Freiheit, die daraus folgt, versteht sie virtuos zu nutzen.